Kein Mensch lernt digital.

Text:

Kein Mensch lernt digital

Über den sinnvollen Einsatz neuer Medien im Unterricht
Textcopyright: © Ralf Lankau
Autor: Ralf Lankau
Verlag: © 2017 Beltz

 

 

Bildung ist etwas, dass Menschen mit sich und für sich machen: man bildet sich. Ausbilden können uns andere, bilden kann sich jeder selbst. Das ist kein bloßes Wortspiel. Sich zu bilden, ist tatsächlich etwas ganz anderes, Als ausgebildet zu werden. Eine Ausbildung durchlaufen wir mit dem Ziel, etwas zu können. Wenn wir uns dagegen bilden, arbeiten wir daran, etwas zu werden – wie strebt danach, auf eine bestimmte Art und Weise in der Welt zu sein.

(Bieri 2008, S.1)
S 12

 

Wer Kinder zu früh auf binärer Logik (ja/nein; richtig/falsch; 0/1) konditioniert, verbaut Ihnen den Weg zu einem offenen denken.

S. 21

 

Kein Mensch lernt oder arbeitet digital. Wir werden vielleicht mit und arbeiten an digitalen Geräten, wir arbeiten mit Software, Apps und wehe, nutzen die technische Infrastruktur des Internet und so weiter. Aber wir lernen und arbeiten immer als Menschen, human, physisch, psychisch und sozial.

S.24

 

Unterricht ist sprachlogisch an Lehrende und Lernende gebunden. Fehlt ein Part, Sind es Mediengestützte Selbstlernphase. Bildung ist notwendig an ein Subjekt und ein menschliches Bewusstsein gebunden. Bildung ist weder Speicherformat noch Objekt oder messbare Größe, sondern Merkmal einer Persönlichkeit.

S. 25

 

Lernen ist an die eigene Sinnlichkeit gebunden, zugleich an Reaktionen eines direkten Gegenübers. Ohne Resonanz verkümmern Säuglinge körperlich und vor allem mental, selbst wenn sie körperlich versorgt werden. Bereits im Säuglingsalter beginnt das Wechselspiel aus kommunikativen Akten (lachend Weinen, Schreien) und erwarteter Reaktion, primär der Mutter bzw. Der Eltern, in Folge auch anderer Mitglieder der Familie oder der Gemeinschaft. Der Mensch als ein soziales Wesen entwickelt sich zu einem sozialen Mitglied der Gemeinschaft nur durch diese Gemeinschaft und das Miteinander.
S. 40

 

Es gibt keinen Unterricht ohne Medien, wenn man unter dem Begriff „Medien“ tatsächlich alle Medienformen versteht. Das vermeidet Missverständnisse und die oft übliche Verkürzung auf elektronische und digitale Medien. Zu den „Medien“ gehört zum Beispiel als erstes und wichtigstes Medium überhaupt die menschliche Sprache. Zusammen mit Mimik und Gestik sowie der Haptik 

 

[…] Es gibt keinen Unterricht ohne Medien, wenn man unter dem Begriff „Medien“ tatsächlich alle Medienformen versteht. Das vermeidet Missverständnisse und die oft übliche Verkürzung auf elektronische oder digitale Medien. Zu „den Medien“ gehört zum Beispiel als erstes und wichtigstes Medium überhaupt die menschliche Sprache. Zusammen mit Mimik und Gestik sowie der Haptik (griechisch: haptein: berühren, angreifen, berührt werden) sind Sprache und akustische Kommunikation (sprechen, singen, summen, usw.) elementare Medien des Menschen. Das Akustische ist prägend und auch emotional bindend. Wir wachsen in eine akustische Sozialgemeinschaft hinein, bevor wir selbst sprechen lernen.
S.82

 

Heute werden Medienpädagogen dafür ausgebildet, den Einsatz technischer Medien zu vermitteln. Insbesondere in Kita und Schulen muss Medienpädagogik stattdessen alle Medien thematisieren: Das Sprechen und die Körpersprache (Artikulation und Rhetorik, Bewegung, Theater und Tanz), die Gestaltungstechniken mit analogen Medien (Zeichnen, Malen, Modellieren mit Stift, Farbe und Knetmasse) und das „Lautmalen“ mit analogen Medien (Singen, Musizieren). Ziel sollte sein, mit analogen Mitteln die Basis zu legen, um digitale Werkzeuge in weiterführenden Schulen als Werkzeuge kreativ zu nutzen. Wer am Bildschirm startet, bleibt immer im Wischmodus (=Softwarebedienung und Programmlogik)
S. 83

 

[…] Darum lesen wir schon kleinen Kindern vor, die später selbst lesen lernen. Sie entwickeln beim Zuhören ein Sprachgefühl, das für die Ausbildung des eigenen Sprechens und des eigenen Wortschatzes entscheidend ist. Kinder ohne direkte Ansprache verkümmern sinnlich, emotional und intellektuell, weil weder das Sprechen als sozialer Prozess noch ein Wortschatz entwickelt wird.

S. 88

 

Konfuzius:
Ich sehe und vergesse.
ich höre und erinnere.

Ich tue und verstehe.

 

Körperliche Tätigkeiten (manuelle, sinnliche) wie das Schreiben von Hand verstärken den Lernerfolg. Wer nur schaut, vergisst. Wer tippt, protokolliert. Wer per Hand schreibt, denkt mit. Lernen und „Be-greifen“ sind nun mal körperliche und sinnliche Akte, während das immer gleiche Wochen und Tippen auf Glasflächen keine dauerhaften Gedächtnisspuren im Gehirn hinterlässt. Ein bekanntes Buch von Marshall McLuhan trägt den Titel „Das Medium ist die Botschaft“. Die Kernbotschaft: Das Medium bestimmt die Form der Informationsvermittlung und das Rezeptionsverhalten. Übertragen auf das Lesen und Lernen am Bildschirm bedeutet das:Das Medium ist die Methode: anschauen, wegwischen und vergessen. 

Die Qualität des Unterrichts hängt nicht vom Medieneinsatz und von der technischen Codierung der Inhalte ab, sondern vom Fachwissen und Vermittelungsvermögen der Lehrenden. Die entscheidenden Parameter sind die Lehrpersönlichkeit und die Unterrichtskonzeption.
S.95

 

Die Behauptung, Lernsysteme basierten auf „künstlicher“ (technischer) Intelligenz, hat ein Ziel. Eltern sollen zustimmen, dass ihre Kindern möglichst früh an Displays und Touchscreens gewöhnt werden. Wer den Eltern sagt:“Ihr Kind sitz bei uns in einer Fabriketage am Bildschirm und bekommt Aufgaben nach statistischen Regeln und Methoden der Mustererkennung von der Software zugewiesen“, dem dürfte kaum Begeisterung entgegenschlagen. Sagt man den Eltern aber, eine „künstliche Intelligenz“ wähle die Lerninhalte passgenau für jedes Kind und sein aktuelles Leistungsvermögen aus, damit es an seiner Lernstation optimal lernen und sich ideal gefördert entwickeln könne, schwindet der elterliche Wiederstand. 

S. 113

 

Zum Reichtum menschlicher Intelligenz gehören viele nicht quantifizierbare Aspekte wie Reflexionsvermögen, Emotionalität, moralische bzw. Ethische Empfindungen (z.B.: Gerechtigkeitssinn, Moralvorstellungen) oder auch das Sozialverhalten (soziale Intelligenz). Diese sind technischen Systemen nicht zugänglich bzw. Mit Testreihen nicht quantifizierter, weil Sie auf den Erfahrungen und Werten der individuellen Persönlichkeit beruhen. 

S.117

 

Zur Medienmündigkeit gehören kritisches (Selbst-)Bewusstsein, Medienanalyse- und Reflexionsvermögen, Argumentations- und Diskussionsfähigkeit.
S. 148

 

3-6-9-12

Kein Fernseher unter 3 Jahren
Keine eigene Spielkonsole unter 6 Jahren

Internet nach 9 Jahren
und Soziale Medien nach 12 Jahren

 

https://www.medienratgeber-fuer-eltern.de/index.html

https://www.jugendundmedien.ch/de/home.html

https://www.kjm-online.de/publikationen/broschueren/

http://www.mpfs.de/startseite/

http://www.aufwach-s-en.de/

 

 

 
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