Zur rechten Zeit. Das neue Unbehagen.

Text:

Zur rechten Zeit

Das neue Unbehagen

Copyright: Christa Zöchling

 

Kepler Tribune

Ausgabe No. 4 / 2018

 

[…] Hannah Arendt, die Philosophin, die Deutschland 1933 verlassen musste, hatte wohl rechtgehabt: „Je besser die Völker einander kennenlernen, desto mehr scheuen sie begreiflicherweise von der Idee  der Menschheit zurück, weil sie spüren, dass in der Idee der Menschheit, gleich ob sie in religiöser oder humanistischer oder schwärmerisch kosmopolitischer Form auftritt, eine Verpflichtung zu einer Gesamtverantwortung entsteht, die sie nicht zu übernehmen wünschen.

[…] Fühlt man sich aufgehoben in einem Kollektiv, glaubt man, sich deshalb über die anderen erheben zu können. Sich selbst unterwirft man einem eisernen Regime von Regeln und Normen, dafür drischt man auf die anderen ein. Freud kommt in seinem Text immer wieder auf das, in unserem Kulturkreis verankerte, christliche Gebot der Nächstenliebe zu sprechen:

"Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst.“

 

Doch warum soll er das, seinen Nächsten lieben, wie sich selbst? Was hat er davon? Nichts anderes laufe doch der menschlichen Natur so sehr zuwider wie ausgerechnet dieses Gebot. Freud hält es für die stärkste Abwehr der Aggression - und das Gebot für undurchführbar. Das ist Zivilisation.

[…]  Was ist eigentlich „rechts“? Die Geburtsstunde der Begriffe für die politischen Lager lag in der französischen Revolution von 1789. In der Nationalversammlung begaben sich Königstreue, Offiziere und Klerus auf die rechte Seite des Präsidiums; links gruppierten sich jene, die zwei Tage zuvor proklamiert hatten, dass jeder Mensch die gleichen Rechte hatte.

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